Hersteller identifiziert Teil 3

Bastian Brücker • 12. Oktober 2025

Ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft aus Hanau

Manchmal liegen die Informationen offen vor einem, aber man erkennt vor lauter Bäumen den Wald nicht. So auch in diesem Fall. Alle notwendigen Puzzlestücke waren offensichtlich, sie mussten nur richtig kombiniert werden. In diesem Fall geht es um die Präsidialkanzleinummer 25 hinter der sich wohl mehrere Firmen mit dem etwas sperrigen Namen „Arbeitsgemeinschaft der Graveur-, Gold und Silberschmiede-Innungen, Hanau verbergen.

Diese Arbeitsgemeinschaft findet sich auf einer Liste der Präsidialkanzlei, in der Firmen aufgelistet werden, die Aufträge für die verschiedenen Klassen des Eisernen Kreuzes erhalten haben. 


Es gibt sowohl markierte als auch unmarkierte Eiserene Kreuze 2. Klasse mit Zellstoffbeutel der Arbeitsgemeinschaft. Dies beweist, dass die Aufträge nicht nur ausgeführt wurden, sondern das die Arbeitsgemeinschaft vor Einführung der Präsidialkanzleinummer bereits ein Liefertant für Eiserne Kreuze 2. Klasse war. Aber das Thema Einführung der Präsidialkanzleinummer ist für diesen Beitrag jetzt nicht relevant.


Des Weiteren gibt es Schriftverkehr mit der Präsidialkanzlei, der zeigt, dass die Arbeitsgemeinschaft auch die Medaille „Winterschlacht im Osten“ gefertigt hat. Weitere Orden und Ehrenzeichen konnten nicht gefunden werden, welche sich der Arbeitsgemeinschaft eindeutig zuordnen lassen können.

Hier kommen wir jetzt zu der Identifizierung des neuen Herstellers bzw. der Identifizierung eines der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft.

Welche Firma ist es und wie erfolgte die Herleitung?

Es handelt sich bei dieser Firma um die Prägeanstalt Heinrich Muth aus Hanau. Diese hatte laut RZM Handbuch von 1938 die RZM Zulassungen M5/219 als Hersteller von Uniformeneffekten und M9/49 als Hersteller von Tagungs- und Festabzeichen.



Der erste Ansatz zur Identifizierung, war ein Schreiben der Arbeitsgemeinschaft an die Präsidialkanzlei.  Im Fokus steht der Stempel der Arbeitsgemeinschaft mit Straße und Fernsprechnummer. (Die Unterschrift selbst nicht, aber jetzt wo man die Zusammenhänge kennt sticht der Name natürlich sofort ins Auge).



Das Reichtelefonbuch in der Ausgabe von Januar 1942 lag als PDF in digitaler Form vor, worüber dann eine Suchabfrage nach der Arbeitsgemeinschaft gestartet wurde. Leider gab es zumindest in dieser Ausgabe keinen Treffer zu der gesuchten Arbeitsgemeinschaft. Also wurde die Suche auf die Straße ausgedehnt. Hier gab es zwar wieder keinen Treffer zur Arbeitsgemeinschaft, allerdings einen mit einem anderen Eintrag.

Ein schneller Abgleich des Stempels und dem Eintrag im Reichstelefonbuch gab eine Übereinstimmung, sowohl was die Straße, als auch die Fernsprechnummer betrifft.


Vergleicht man jetzt noch de Unterschrift, dann kommt man sofort auf Heinrich Muth. Aber selbst wenn das noch nicht überzeugend genug ist, es gibt noch einen maschinengeschriebenen Beleg mit Klarnamen Heinrich Muth.


Leider konnten keine näheren Informationen über die Prägeanstalt Heinrich Muth gefunden werden. Weder im Stadtarchiv noch im Goldschmiedehaus Hanau ist etwas über die Firma Muth oder die Arbeitsgemeinschaft bekannt. Auch Tagungsabzeichen konnten nicht gefunden werden.

Wie diese Arbeitsgemeinschaft strukturiert war, wie viele Mitglieder sie hatte, das bleibt zurzeit noch ungewiss. Sindri Arinbjarnarson hat in seinem Buch über die Medaille „Winterschlacht im Osten“ eine Designverbindung zwischen den Stücken der Firma E. Ferd. Wiedmann und der Arbeitsgemeinschaft nachgewiesen. Allerdings hat die Arbeitsgemeinschaft die Prägewerkzeuge selbst gekauft. Von wem ist leider nicht überliefert. Möglicherweise von der Firma Wiedmann, was die Designgleichheit erklären würde. Ob deshalb aber die Firma Wiedmann auch Mitglied der Arbeitsgemeinschaft war, darüber lässt sich zurzeit nur spekulieren. Räumlich würde es Sinn ergeben. Liegen Hanau und Frankfurt doch nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Einen schriftlichen Nachweis für eine Mitgliedschaft zu dieser Arbeitsgemeinschaft gibt es bisher aber nicht und würde ich persönlich auch ersteinmal ausschließen.

Diese Herleitung zeigt, dass man manchmal nur bereits bestehende Informationen kombinieren muss um neue Ergebnisse zu erzielen und es nicht immer neue Archivfunde braucht. Aber so oder so… die Suche nach neuen Informationen geht weiter und ich bin mir ziemlich sicher, dass es noch zu vielen neuen Entdeckungen kommen wird.

Sollte noch jemand Informationen über die Arbeitsgemeinschaft oder die Firma Muth haben, so würde ich mich freuen, wenn mir diese zur Verfügung gestellt würden.

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