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Warum Fotos sammeln?

Bastian Brücker • Apr. 12, 2022


Ähnlich wie im Beitrag „Warum Urkunden sammeln“ gibt es auch zum Thema Fotos sammeln eine Vielzahl von Gründen warum diese gesammelt werden. Einer sammelt Portraitfotos von einem Regiment, weil er sich mit der Geschichte des Regiments befasst oder ein Angehöriger vielleicht in diesem Regiment gedient hat. Andere suchen Portraitfotos mit seltenen und ungewöhnlichen Ordenskombinationen. Wieder andere haben sich zum Beispiel auf Fotos von Gebirgsjägern spezialisiert. Oft ist es auch eine Kombination aus alle dem.



Bei anderen Sammlern steht der Technik Aspekt im Vordergrund. So werden Aufnahmen von Panzern in verschiedenen Ausführungen gesucht, Fotos von Jagdflugzeugen mit besonderer Tarnung oder seltene Waffen wie zum Beispiel Aufnahmen mit dem Sturmgewehr 44 oder dem Fallschirmjägergewehr 42.



Auch… ich nenne sie mal… Stimmungsbilder werden gerne gesammelt. Dies sind z.B. Gefechtsaufnahmen die im Einsatz selbst oder kurz danach gemacht wurden. Damit meine ich nicht die offiziellen Presseaufnahmen von Fotografen der Propagandakompanien, sondern private Aufnahmen. Auf diesen Aufnahmen kann man oft sehr gut die Strapazen in den Gesichtern der Soldaten erkennen, ungefiltert und ohne Heldenpose. Im tiefen Winter in Russland, in Schützengräben liegend, den Kriegsalltag zeigend etc.  


Dann gibt es noch die Heimatsammler. Diese suchen z.B. nach Fotos ihrer Heimatstadt im Krieg. Da Aufnahmen von zerbombten deutschen Städten während des Kriegs teilweise nicht erlaubt waren (es gab wohl regionale Unterschiede und auch die Durchsetzung der Verbote war regional unterschiedlich) findet man solche Fotos auch nicht oft.




Interessant sind solche Aufnahmen, wenn man Vergleiche damals/heute machen kann. Verschiedene Webseiten zeigen solche Aufnahmen und man kann teilweise heute noch Einschusslöcher oder Kampfschäden an den Häusern erkennen.

 
Auf https://imwesten.com/then-and-now/ werden solche damals/heute Vergleiche z.B. gezeigt.


oder auch hier https://www.pinterest.de/07crq748oqlqc12/before-and-after/d-day-normandy/



Bei alten Portraitaufnahmen aus der Zeit von vor 1918 ist es sogar möglich über die Ordensspange den Träger zu ermitteln. Dazu hat der User Komtur aus dem Sammlergemeinschaft Forum einen entsprechenden Beitrag verfasst, den er dankenswerterweise zur Verfügung stellt.

Komtur:

Die abgebildete Person kann auf Grund der einmaligen Kombination der getragenen Orden als der Generalarzt und Geheime Medizinalrat Dr. Ernst Zunker, Leibarzt der Kaiserin und Königin Auguste Viktoria identifiziert werden. Die auf der Portraitaufnahme zu erkennenden Auszeichnungen lassen sich in der im Auszug abgebildeten Rangliste der Preußischen Armee von 1906 erstmalig in dieser Kombination nachweisen. Laut Königlich Preußischer Ordensliste (6. Nachtrag der Liste von 1905) wurde Zunker am 27. Januar 1911 mit dem Stern mit Eichenlaub zur 2. Klasse des Roten Adlerordens beliehen. Da dieser Orden auf dem Foto noch fehlt, muss die Aufnahme zwischen 1906 und 1910 entstanden sein.


Ohne Zweifel gewinnen historische Sammlungsgegenstände, wenn wir diese dem ursprünglichen Besitzer zuordnen können. Den Träger einer einzelnen Auszeichnung zu bestimmen, wird jedoch in den meisten Fällen nicht möglich sein. Im Gegensatz zu den britischen, sind nur wenige deutsche Dekorationen mit dem Namen des Beliehenen versehen. Ausnahmen findet man, begründbar durch den engen kulturhistorischen Bezug zu England, bei den Ehrenzeichen des Königreichs Hannovers. Gelegentlich wird durch andere Hinweise, wie zum Beispiel eine private Gravur oder das vorliegende Verleihungsdokument, die Zuordnung eines Ordens oder Ehrenzeichens zur beliehenen Person möglich.


Ist bei einer Auszeichnungsgruppe der namentliche Bezug zum vormaligen Träger verloren gegangen, kann dieser allerdings mit Hilfe entsprechender Quellen unter Umständen wieder hergestellt werden. Wesentliche Voraussetzung für das Gelingen dieses Vorhabens ist die Spezifität der Kombination von Orden und Ehrenzeichen für eine Person. Die Chance für die Einmaligkeit einer solchen Zusammenstellung nimmt dabei mit Anzahl und Seltenheit der einzelnen Auszeichnungen zu. Diese günstige Situation ist häufiger anzutreffen, als man es vermutet.


Wo findet man aber nun Informationen zu Verleihungen von Orden und Ehrenzeichen mit namentlichem Bezug? Es existiert eine Vielzahl von Quellen, welche für diese Fragen genutzt werden können. Die preußischen Dekorationen wurden regelmäßig in den Königlich Preußischen Ordenslisten veröffentlicht. Diese turnusgemäß seit 1810 in Abständen von etwa zehn Jahren herausgegebenen Listen erfassten alle zu diesem Zeitpunkt lebenden Träger preußischer Orden und Ehrenzeichen. In der Zeit zwischen den Veröffentlichungen der kompletten Ordenslisten erfolgten bis 1913 jährliche Nachträge, welche die im laufenden Jahr erfolgten Verleihungen führten. Leider erfassen die Königlich Preußischen Ordenslisten und deren Nachträge nicht sämtliche Verleihungen tragbarer preußischer Auszeichnungen. Zudem scheint in einigen Jahren auf die Herausgabe eines Nachtrages verzichtet worden zu sein, zumindest sind für einige Jahrgänge bisher keine derartigen Nachträge nachweisbar. Des Weiteren entgehen allen Ordenslisten und Nachträgen die Verleihungen des laufenden Jahres an die im Herausgabejahr verstorbenen Personen, da immer nur die lebenden Träger veröffentlicht wurden. Ein weiteres Manko dieser Quelle ist deren Versiegen mit dem Jahr 1913, womit die im Ersten Weltkrieg vergebenen Orden und Ehrenzeichen nicht erfasst wurden.


Dies gilt auch für eine weitere Standardquelle, die Ranglisten der Königlich Preußischen Armee, welche letztmalig 1914 erschienen ist. In diesen 1793 bis 1806 sowie 1817 bis1914 jährlich herausgegebenen Handbüchern wurden die Offiziere und Sanitätsoffiziere sowie ein Teil der höheren Militärbeamten mit ihrem Rang, ihrer Dienststellung und den verliehenen preußischen und ausländischen Orden geführt. Das zivile Pendant zu den militärischen Ranglisten stellen die Handbücher für den Königlich Preußischen Hof und Staat dar. In diesen jährlich bis 1914 und letztmalig 1918 verausgabten Nachschlagewerken finden wir alle im Staatsdienst stehenden Personen mit ihren Dekorationen. Weitere zum Ende der Monarchie jährlich veröffentlichte Periodika mit Angabe von Orden und Ehrenzeichen waren die Marineranglisten sowie das Handbuch für das Deutsche Reich. Für die Königreiche Bayern und Sachsen gab es ebenfalls militärische Ranglisten und Staatshandbücher, die anderen deutschen Staaten integrierten die Offiziere ihrer militärischen Einheiten in die zum Teil auch nicht regelmäßig veröffentlichten Staatshandbücher.


Einige weitere ebenfalls unregelmäßig veröffentlichte Listen erfassten nur bestimmte Personengruppen mit ihren Dekorationen, z. B. der Taschenkalender für Militärbeamte, der Militär-Musiker-Almanach oder der Reichs-Medizinal-Kalender. In nur drei Jahrgängen, 1904/5, 1906/7 und 1908/9 erschien der Deutsche Ordens-Almanach. Ein Mangel dieses ansonsten für die Trägerrecherche idealen Werkzeugs ist seine Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit, da der Eintrag eines Beliehenen nur auf eigenen Antrag und gegen Gebühren erfolgte. Als ideale Primärquelle sind die von den verantwortlichen staatlichen Behörden, für Preußen von der General-Ordens-Kommission, geführten Matrikellisten anzusehen. Leider sind die entsprechenden archivarischen Quellen zum Teil verloren gegangen. Noch vorhandene Matrikellisten sind nicht immer ohne Probleme zugänglich, teilweise unvollständig und zudem oft handschriftlich geführt worden, was die Auswertung sehr zeitaufwendig gestaltet.


Regelmäßige Veröffentlichungen verliehener Orden und Ehrenzeichen erfolgten im Militär-Wochenblatt, im Marine-Verordnungsblatt und im Preußischen Staatsanzeiger. Auch Regimentsgeschichten führen gelegentlich die an die Angehörigen ihrer Einheit vergebenen Tapferkeitsauszeichnungen. Diese Angaben erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern stellen nur die ganz wesentlichen Quellen dar. Es ist nachvollziehbar, dass der Einzelne durch den großen Umfang sowie die eingeschränkte Verfügbarkeit dieser Daten oft an seine Grenzen stößt. An dieser historischen Spezialmaterie interessierte Personen haben daher einen Teil dieser Quellen zur besseren Handhabbarkeit ausgewertet und veröffentlicht. Des Weiteren versuchen einige forschende Sammler und sonstige Interessierte seit einiger Zeit durch die Zusammenführung vorhandener Informationen zu Verleihungen von Orden und Ehrenzeichen in elektronischen Datenbanken deren Nutzbarkeit zu optimieren. Die Zuordnung eines Namens zu einer Ordensschnalle ist durch diese Datenbanken zweifellos schnell und rationell möglich. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass für die Datenaufbereitung zuvor ein enormer individueller zeitlicher und zum Teil auch finanzieller Aufwand betrieben werden musste.


Kommen als Ergebnis einer Recherche mehrere mögliche Personen als Träger einer bestimmten Auszeichnungskombination in Frage, kann zuweilen durch Nutzung weiterer, über die Dekorationen hinausgehender Informationen eine Eingrenzung erfolgen. Hier wären insbesondere die gelegentlich zu einem namenlosen Nachlass gehörende Gegenstände, wie Fotografien oder Effekten zu nennen.


Auch für Uniform und Effektensammler sind Fotos gute Belegmöglichkeiten für ungewöhnliche Trageweisen oder Ausführungen. Im Militaria Fundforum gibt es z.B. einen einzelnen Beitrag

 

„Hat es nie gegeben“


der sich nur mit solchen Aufnahmen beschäftigt. Aber auch bisher unbekannte Ärmelbänder oder sonstige Stoffabzeichen können durch Fotos entdeckt werden.


Ich könnte noch viele weitere Beispiele anführen warum Fotos gesammelt werden, aber das würde den Rahmen sprengen. Stattdessen möchte ich anhand einiger Beispiele aufzeigen warum dieses oder jenes Foto interessant ist.

Dieses Foto zeigt eine Soldaten, vermutlich im Rang eines Oberfeldwebel, des deutschen Rahmenpersonals der Legion Freies Indien. Dies ist erkennbar an dem Ärmelabzeichen. Zu dem Ärmelabzeichen selbst gibt es leider nur wenige Informationen. Was man aber sagen kann, diese Stücke tauchen sowohl in maschinengestickter Form, als auch in gedruckter Form auf. Die typischen Originale (die auch auf Fotos verifiziert werden können) sind allerdings gewebt.


Zur Geschichte der Legion Freies Indien findet man eine kurze Übersicht mit Fotos auf Wikipedia. Interessanterweise Fotos aus Februar 1944 auf denen das Abzeichen noch nicht getragen wird (die Aufnahme mit Rommel) aber eben auch aus dem gleichen Zeitraum wo sowohl das deutsche Rahmenpersonal als auch die Soldaten ein solches Ärmelabzeichen tragen.


Legion Freies Indien - Wikipedia


Den militärischen Werdegang dieser Einheit wird im Lexikon der Wehrmacht noch etwas detaillierter dargestellt als bei Wikipedia. Vor allem der Hinweis auf die Truppenstärke ist interessant. So fällt auf, dass die Menge an deutschen Rahmenpersonal überschaubar war. Das Foto ist daher nicht nur wegen dem militärischen Hintergrund der Einheit interessant, sondern auch weil es eben einen Soldaten des deutschen Rahmenpersonals mit Abzeichen zeigt. Vermutlich irgendwann im oder nach Februar 1944 entstanden.


Legion Feies Indien - Lexikon der Wehrmacht


Weiter geht es mit einem Foto, dass durch die Kombination von Auszeichnung und Einheit einen interessanten Rückschluss über einen speziellen Kriegseinsatz zulässt.



Es handelt sich hier um einen Gebirgsjäger der als Besonderheit auch das Fallschirmschützenabzeichen trägt. Wie kommt es das ein Gebirgsjäger ein Fallschirmschützenabzeichen verliehen bekommen hat? Der Grund dafür liegt im Kampf um Narvik. Während der Höhepunkte der Kämpfe um Narvik konnte weder über den See- noch dem Landweg Verstärkung herangebracht werden. Daher entschloss man sich über den Luftweg dringend benötigte Verstärkungen einzufliegen bzw. abspringen zu lassen. Dafür wurden zwei Fallschirmkompanien aus Freiwilligen der Gebirgsjäger Regimenter 137 und 138 gebildet. Diese erhielten in der Fallschirmjägerschule Wittstock eine nur wenige Tage dauernde aber intensive Springerausbildung und sind dann zwischen dem 23. und 25. Mai 1940 über Narvik abgesprungen sind. Der Gebirgsjäger ist wahrscheinlich einer dieser nicht mehr als 300 zählenden Gebirgsjäger die über Narivk abesprungen sind. Da die Aufnahme nicht datiert ist lässt sich nur mutmaßen warum er kein Narvikschild trägt. Vielleicht entstand die Aufnahme kurz nach der Ausbildung an der Fallschirmjägerschule oder kurz nach den Kämpfen um Narvik und somit vor Verleihung des Narvikschildes. Auch wenn man dies nicht mehr verifizieren kann, so bleibt das Foto doch eine Seltenheit, da der Kreis der Soldaten der für eine solche Kombination von Auszeichnung und Einheit in Frage kommt sehr überschaubar ist.


Quelle: Andreas Penzkofer


Ärmelstreifen "Pionier Berichter" des Gebirgs-Pionierbataillons 99 in Lappland getragen. Sonstige Umstände unbekannt. Ein schönes Belegfoto für einen bisher unbekannten Ärmelstreifen.




Auf den folgenden beiden Fotos sieht man sehr schön wie der Totenkopf offiziell verwendet wurde und wie es später im Feld gemacht wurde (nicht vorschriftsmäßig).


Ein Portraitfoto vom Infanterie Regeiment 17 mit der "richtigen" Verwendung. Die Braunschweiger Totenköpfe wurden eigentlich als Mützenabzeichen von der 1. und 4.Kompanie Infanterie Regiement  17 (ab 1938 auch vom Stab I. und II.Bataillon) und von der 4.Schwadron Reiter Regiment 13 (ab 1938 auch von der II.Abteilung des Regiments) getragen.


Ein Obergefreiter der Panzerabwehr Lehrabteilung im Waffenrock. Die Abzeichen "PL" auf den Schulterklappen etc. wurden mit Vfg.v.10.8.1938 eingeführt (die Proben zu den Abzeichen wurden erst mit Datum vom 29.9.1938 ausgegeben)

Wenig später sind die Schulterstücke wieder weg gefallen wie folgende Verfügung zeigt. Die Stücke wurden also nicht wirklich lange getragen, daher ist das Portraitfoto ein schöner Beleg. Warum diese Schulterstücke nur so kurz verausgabt wurden ist leider unbekannt.

Aufgrund der Seltenheit werden auch die Schulterstücke gezeigt und zwar zur Feldbluse für Mannschaftsdienstgrade und ein Schulterstück eines Oberleutnants der Abteilung.

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